Schneller Platzwechsel
erler gmbh automation . robotik hat für die Schweizer Electronic AG eine Roboterzelle für die automatisierte Handhabung kleiner Halbleiterkomponenten entwickelt. In ihr setzt ein Stäubli Scara Roboter bis zu 31.000 Chips pro Stunde von einem Standard-Tray in eine Spezialhalterung für das anschließende Ätzbad um. Möglich machen das 176 Flachsauggreifer von Schmalz.
Statt eines persönlichen Händedrucks winkt Jochen Erler in die Kamera. Zusammen mit Holger Erler und Michael Müller führt er die Geschäfte der erler gmbh automation . robotik. Im Online-Meeting mit dabei ist auch Andreas Ehm, er ist gemeinsam mit Jochen Erler für das Projekt verantwortlich, um das sich das Gespräch gleich drehen wird.
Womit sich das schwäbische Familienunternehmen aus Dormettingen im Zollernalbkreis beschäftigt, verrät der Zusatz „automation – robotik“ im Firmenlogo. „Mittlerweile haben wir weit über 200 Robotersteuerungen in Betrieb genommen und tragen mit unseren Automatisierungs- und Roboteranlagen zur Standortsicherung vieler Unternehmen hier in Baden-Württemberg bei“, erklärt Jochen Erler. Dabei ging es am Anfang nur um die SPS-Programmierung: 1995 wurde das Unternehmen für SPS-Technik von Alois Erler geründet. Über die Jahre entwickelte er das Unternehmen zu einem Komplettanbieter für die Steuerungstechnik. Schon 1998 fokussierte er sich auf das Thema Robotik: Mit dem Programmieren eines Stäubli Roboters wurde zugleich der Grundstein für eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit als Stäubli-Partner gelegt. Heute beschäftig erler gmbh automation . robotik 47 Mitarbeiter, verteilt auf die Bereiche Verfahrenstechnik, Fabrikautomation und Maschinentechnik. „Wir stemmen eine große Anzahl von Projekten – von kleineren Dienstleitungen über Retrofits bis hin zu kompletten Automatisierungsanlagen“, führt Jochen Erler aus. Wichtig sind ihm immer der persönliche Kontakt und die Nähe zu den Anwendern.
Für leistungsfähigere Leiterplatten
Die Schweizer Electronic AG passt in dieses Bild. Der Leiterplattenhersteller hat seinen Firmensitz nur 40 Kilometer von Dormettingen entfernt. Er suchte einen zuverlässigen Partner, der ihm eine Automatisierungslösung für das Umsetzen kleiner Elektronikkomponenten entwickelt, die Bestandteil seiner (smart) p² Pack-Technologie sind. Die Herausforderung dabei: Die einzelnen Elemente messen nur einen Quadratzentimeter. Diese empfindlichen Chips in Kupfer-Inlays werden später in eine Leiterplatte eingebettet. Das sogenannte Leiterplatten-Embedding ist ein neuartiger Ansatz, um die Effizienz und Reaktionsgeschwindigkeit von elektrischen Antrieben und Assistenzsystemen weiter zu steigern. Denn oftmals ist die Leiterplatte als Schaltzentrale hier das limitierende Element. Die Schweizer Electronic AG reduziert durch die Integration der Leistungshalbleiter in die Platine den thermischen sowie elektrischen Widerstand und ermöglicht somit das Schalten höherer Leistungen.
„Bei diesem Projekt geht es jedoch weder um die Chip-Produktion noch um die eigentliche Integration. Vor dem Einbetten muss die Kupferoberfläche im Ätzbad angeraut werden. Unsere Anlage setzt die Chips in eine spezielle Vorrichtung, mit der sie später komplett in das Behandlungsbad eintauchen“, erklärt Andreas Ehm. Die Chips kommen in standardisierten Jedec-Trays an: Das sind robuste Kunststofftabletts mit 176 definierten Aussparungen. „Würde die Schweizer Electronic AG dieses Tray ins Ätzbad tauchen, schwämmen die Komponenten oben auf. Daher haben sie ein eigenes Tray entworfen“, erklärt der Projektleiter. Die SE-Trays (SCHWEIZER Trays) haben vier Nester zu je 176 Kavitäten für die Halbleiterkomponenten. Ein Deckel verschließt diese und hält die Chips beim Eintauchen am Platz.
Lagegenau platziert
„Unsere Lösung für das Umlagern besteht aus einer Roboterzelle, an die die Trays manuell in einem Transportwagen angeliefert werden. Über ein Servoachssystem fahren die einzelnen Trays in die Zelle. Hier nimmt der Roboter gleichzeitig alle 176 Komponenten auf und legt sie in das SE-Tray ab“, beschreibt Ehm. Speziell für diese Aufgabe holte sich erler gmbh automation . robotik die J. Schmalz GmbH mit ins Boot. „SCHWEIZER produziert auf seinen Anlagen High-End-Leiterplatten. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an Qualität und Zuverlässigkeit der Handhabungsmaschinen“, erklärt Christian Stoisser. Er ist Branchenmanager Electronic bei Schmalz und kennt sich nicht nur mit der Vakuumtechnologie bestens aus, sondern versteht auch die unterschiedlichen Fertigungsschritte und die damit verbundenen Anforderungen: „Hoher Durchsatz, sicheres Handhaben und Fail-Safe sind nur einige davon, die an erler gmbh automation . robotik gestellt werden.“
Schmalz war für das End-of-Arm-Tooling des Roboters sowie die Greiferspinne für die SCHWEIZER Trays verantwortlich. Von allen Vakuum-Komponenten stellte sich der Greifer für die Handhabung der Halbleiterbauteile als besonders anspruchsvoll heraus: Zugunsten kurzer Taktzeiten soll er ein Tray in einem Schritt ent- oder beladen können. Da die Chips nicht plan aufliegen, sondern in der Kavität versenkt sind, müssen alle 176 Sauggreifer etwas in das Tray eintauchen. „Anfangs sah es so aus, als gäbe es zusätzliche Höhenunterschiede zwischen den zu greifenden Komponenten auszugleichen. Wir wählten daher Sauger mit Faltenbalg. Doch schon die ersten Praxistests vor Ort zeigten, dass die Trays so exakt gefertigt sind, dass wir eine flache und damit deutlich positionsstabilere Saugervariante verwenden konnten“, erklärt Stoisser.
Die Vakuum-Experten entschieden sich für die Flachsauger PFYN. Diese bewegen sich aufgrund ihrer Geometrie nur minimal in axialer Richtung und sind so steif, dass sie die Werkstücke sauber aufnehmen und exakt wieder ablegen – ohne zu verkanten. Die im Durchmesser sechs Millimeter kleinen, gelben Sauger haben eine weitere besondere Eigenschaft: Sie bestehen aus dem Nitrilkautschuk NBR-ESD. „Dieses Material schützt die empfindlichen Bauteile vor unkontrollierter elektrostatischer Entladung und ist zugleich beständig gegenüber Chemikalien. Falls nach dem Ätzbad Rückstände am Tray oder den Werkstücken anhaften, reagieren diese nicht mit dem Sauger“, erklärt Stoisser.
An einer Stelle der Anlage wurden zur Handhabung der Trays weitere Sauggreifer mit flexiblen Federstößeln und einer eigenständigen Vakuumerzeugung verbaut. Ihre Aufgabe ist es, vor dem Be- und Entladen der SE-Trays die Deckel abzunehmen und das Tablett zur Übergabestation zu transportieren.
Der Greifer, der die Chips aus dem Tray entnimmt und sie in die Spezialhalterung für das Ätzbad einsetzt, misst 320 x 140 Millimeter. Dank seines Aluminiumgrundkörpers wiegt er lediglich 2,5 Kilogramm. Für eine einfache Montage an das Robotersystem verfügt er über eine vorgefertigte Flanschaufnahme.
Das Vakuum im Greifer wird durch einen in der Anlage verbauten IO-Link-fähigen Kompaktejektor vom Typ SCPMi erzeugt. „Ein einziger Anschluss reicht. Denn auch wenn Lücken im Werkstückteppich sind, funktioniert der Greifer dank individueller Strömungswiderstände an den einzelnen Saugerstellen einwandfrei“, erklärt der Branchenmanager. Zudem ist das System besonders effizient: Die integrierte Luftsparfunktion reduziert den Druckluftverbrauch, indem der Ejektor nur dann pumpt, wenn das Vakuum-Level unter den Sollwert sinkt. „Das ist absolut sicher und reduziert durch den geringeren Druckluftbedarf die Betriebskosten“, versichert Stoisser.
Beste Lösung dank Teamwork
Die Schweizer Electronic AG erarbeitet derzeit effiziente Fertigungsprozesse, um seine Embedding Technologie p² Pack in großen Stückzahlen auf den Markt zu bringen. Das automatisierte Handling der erler gmbh automation . robotik unterstützt den Leiterplattenexperten dabei. „Mit dieser Roboterlösung haben wir ein hochdynamisches System entwickelt, das 31.000 Chips pro Stunde umsetzen kann. Für den zuverlässigen und störungsfreien Dauerbetrieb sind die einzelnen Komponenten wie der Roboter und der Greifer entscheidend – daher setzen wir hier auf Experten wie Schmalz“, sagt Jochen Erler. Christian Stoisser lobt die gute Zusammenarbeit: „Gemeinsam konnten wir den Greifer direkt in der Anlage optimieren und jedes auftretende Problem schnell lösen. Das Ergebnis ist eine genau abgestimmte Lösung für die Schweizer Electronic AG.“
Quelle: www.schmalz.de
Schlagwörter: Schmalz